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Pauschalbesteuerung von ausländischen Fonds: Finanzverwaltung veröffentlicht Anwendungsschreiben

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RA Stephan H. Schmidt, Dipl.-Fw. (FH), P+P Pöllath und Partners, München

RA Stephan H. Schmidt, Dipl.-Fw. (FH), P+P Pöllath und Partners, München

Im Zuge der Einführung des Investmentsteuergesetzes hat der Gesetzgeber mit § 6 InvStG am 15.12.2003 eine Regelung zur fiktiven Feststellung der Einkünfte aus Beteiligungen an ausländischen Investmentfonds geschaffen. Dies gilt für alle Fälle, in denen der Fonds nicht die tatsächlichen Einkünfte des Anlegers im Bundesanzeiger veröffentlicht.

Ermittlung der Einkünfte

Die Einkunftsermittlung sollte derart erfolgen, dass 70 Prozent der Wertveränderung des Fondsanteils eines Jahres zuzüglich eines eventuellen Zwischengewinns als Ertrag angesetzt werden. Mindestens werden jedoch immer sechs Prozent des Rücknahmepreises je Fondsanteil zum Ende des Jahres als Ertrag angesetzt. Damit kommt es zu einer Besteuerung von „Erträgen“, die in der Regel gar nicht angefallen sind. Problematisch hieran ist, dass der Steuerpflichtige keine Möglichkeit hat, die tatsächlich niedrigeren Erträge nachzuweisen – die Bestimmung des § 6 InvStG führt somit zu einer Übermaßbesteuerung.

Demgemäß hat der EuGH mit Urteil vom 9.10.2014 in der Rechtssache C-326/12 „van Caster und van Caster“ (DB0681342; vgl. dazu auch Hennigfeld, StR kompakt DB0686580) entschieden, dass das Fehlen einer Möglichkeit zum Nachweis der tatsächlich erzielten Einkünfte im Rahmen der Pauschalbesteuerung des § 6 InvStG gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt. Das Urteil wurde im Beitrag vom 14.10.2014 von Bujotzek bereits in Einzelheiten besprochen (DB0681476).

Mit BMF-Schreiben vom 4.2.2015 (DB 2015 S. 346 = DB0691195) hat die Finanzverwaltung Ausführungsbestimmungen „zur Umsetzung des EuGH-Urteils“ für den Zeitraum bis zu einer Neuregelung von § 6 InvStG und der gesetzlichen Schaffung einer Nachweismöglichkeit für die tatsächlichen Erträge veröffentlicht.

Die Finanzverwaltung nimmt darin zwar die Rechtsprechung des EuGH auf, jedoch beschränkt sie die Änderungen in der Besteuerung von solchen Fonds auf das absolut Notwendigste. So kann von der Pauschalbesteuerung nur abgewichen werden, wenn der Steuerpflichtige nahezu die gleichen Informationen offenlegt, die ein Fonds, der nicht unter die Regelung des § 6 InvStG fällt, veröffentlichen würde.

Keine Schätzung von Einkünften

Insbesondere schließt das BMF-Schreiben eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen aus. Vielmehr muss der Steuerpflichtige die zur Besteuerung notwendigen niedrigeren Erträge detailliert nachweisen. Hierbei kann das zuständige Wohnsitz-Finanzamt den Inhalt, die Form und das Maß an Präzision, denen die Angaben des Steuerpflichtigen genügen müssen, bestimmen. Weiterhin kann die Finanzverwaltung verlangen, dass sämtliche Nachweise in deutscher Sprache vorgelegt werden.

Zu beachten ist darüber hinaus, dass die Pflicht der Banken zur Erhebung der Kapitalertragsteuer auf der Grundlage der europarechtswidrigen pauschalierten Bemessungsgrundlage erhalten bleibt. Eine (anteilige) Erstattung der Kapitalertragsteuer ist nur im Rahmen des regulären Veranlagungsverfahrens möglich, weshalb die Auseinandersetzung über den Umfang und den Inhalt der erforderlichen Nachweise den meisten der deutschen Investoren solcher Fonds nicht erspart bleiben wird.

Weitere Folge hiervon ist, dass es je nach Finanzamt bei ein und demselben Fonds zu unterschiedlichen Nachweisanforderungen kommen kann.

Große Detailtiefe der erforderlichen Nachweise

Eine Berücksichtigung der tatsächlich niedrigeren Erträge bei der Steuerveranlagung ist nach dem BMF-Schreiben nur zulässig, wenn der Steuerpflichtige viele Besteuerungsgrundlagen in Übereinstimmung mit den Bestimmungen des InvStG offenlegt und deren Richtigkeit dem Wohnsitz-Finanzamt nachweist. Zu den nachzuweisenden Angaben gehören:

  • der Betrag von Ausschüttungen (mit mindestens 4 Nachkommastellen je Anteil),
  • der Betrag der ausgeschütteten Erträge (ebenfalls mit mind. 4 Nachkommastellen),
  • der zur Anrechnung von Kapitalertragsteuern berechtigende Teil der Ausschüttung,
  • der Betrag für Absetzungen für Abnutzungen oder Substanzverringerungen und
  • die im Geschäftsjahr gezahlte Quellensteuer vermindert um erstattete Quellensteuern.

Es ist offensichtlich, dass der Steuerpflichtige diese umfangreichen Nachweiserfordernisse ohne die Mithilfe des Fonds bzw. der Kapitalanlagegesellschaft meist nicht erfüllen kann. Damit liegt es auf der Hand, dass das BMF-Schreiben die vom EuGH angemahnte Abhilfe nicht schafft, sondern weiterhin gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstoßen wird.

Nachweis der Richtigkeit der Angaben

Sofern das Finanzamt einen Nachweis der Richtigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zum Fonds verlangt, nennt das BMF-Schreiben eine Vielzahl möglicher Belege:

  • eine Bescheinigung eines Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers, dass die Besteuerungsgrundlagen nach den Regeln des deutschen Steuerrechts ermittelt wurden,
  • den zum jeweiligen Geschäftsjahresende gültigen Verkaufsprospekt oder Jahresbericht des Fonds,
  • eine Überleitungsrechnung, aus der hervorgeht, wie aus der investmentrechtlichen Gewinnermittlung die Besteuerungsgrundlagen nach deutschem Recht ermittelt wurden sowie
  • eine Anlage für die Gewinn- und Verlustvorträge bezogen auf die einzelnen Ertragsarten.

Diese Nachweismöglichkeiten stehen dem Steuerpflichtigen in den seltensten Fällen zur Verfügung und dürften nicht einfach zu erlangen sein, da bei ausländischen Fonds eine Ermittlung von Erträgen nach den Regeln des deutschen InvStG im Normallfall nicht vorgenommen wird.

Folgen für die Praxis

Das BMF-Schreiben vom 4.2.2015 soll das Urteil des EuGH vom 9.10.2014 umsetzen und einen Ausweg aus der europarechtswidrigen Pauschalbesteuerung des § 6 InvStG weisen. Leider muss der Beitrag des BMF-Schreibens in praktischer Hinsicht als sehr gering eingestuft werden, da die vom BMF aufgestellten Nachweisanforderungen in vielen Fällen nicht zu erfüllen sein dürften.

Die Europarechtswidrigkeit der Pauschalbesteuerung wird somit in gewisser Weise fortgeführt, da allein die hohen Nachweisanforderungen vor den Investments in die betroffenen ausländischen Fonds abschrecken und somit den freien Kapitalverkehr vereiteln werden.

Betroffenen Steuerpflichtigen ist daher zu raten, entsprechende Bescheide bis zur Neuregelung durch den Gesetzgeber offenzuhalten oder zu klagen.


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